Die PSI-Metatheorie [1] kurz erklärt

PSI (Persönlichkeits-System-Interaktionen) ist eine Metatheorie und somit nicht grundlegend neu. Sie verbindet und führt die vorhandenen relevanten Persönlichkeitstheorien zusammen. Wie das Wort Interaktionen andeutet, geht es bei PSI um das Zusammenwirken verschiedener Bereiche (Persönlichkeits-Systeme) des Gehirns und Einflüssen aus unterschiedlichen Funktionsebenen der Persönlichkeit.
Nachfolgend werden diese beiden Hauptteile, die vier Persönlichkeitssysteme und die Funktionsebenen der Persönlichkeit, erklärt.

 

1. Die vier Persönlichkeitssysteme

Die PSI-Theorie geht von den folgenden vier Persönlichkeitssystemen aus (siehe Abbildung unten): Denker/Planer (Intensionsgedächtnis), Fehlerzoom/Störungsmelder (Objekterkennungssystem), Steuerzentrale/innerer Coach (Extensionsgedächtnis) und Trigger/Akteur (intuitive Verhaltenssteuerung). Ist ein Mensch ausgeglichen, arbeiten diese Systeme optimal zusammen.
Im ausgeglichenen Zustand funktioniert auch der Zugriff auf die Steuerzentrale optimal. Diese Steuerzentrale arbeitet weitgehend unbewusst und hat eine schnelle Parallel-verarbeitung. In diesem Bereich ist auch das Selbst angesiedelt. Kommt es zu Störungen, wird das Fehlerzoom aktiv und löst eine Stressreaktion aus. Es meldet sich mit einem Alarmsignal (Blaulicht). Sobald diese Stressreaktion abgeklungen ist, geht der Organismus wieder in den Normalzustand über.
Der Denker arbeitet bewusst eine Aktion nach der anderen ab. Er denkt logisch und handelt, wenn es stimmig ist. Intensionen werden aber erst ausgelöst, wenn der Trigger einen positiven Impuls auslöst.
Der Trigger tritt erst dann in Aktion, wenn der innere Coach, also die Steuerzentrale, gefühlsmässig das Okay dafür gibt. Das bedeutet, Handlungen werden durch Gefühle, welche unterbewusst entstehen, ausgelöst!
Deshalb sind in einem PSI-Coaching die Informationen des Selbststeuerungsinventars von so zentraler Bedeutung. Denn ist die Selbststeuerung beeinträchtigt, kann es daran liegen, dass der innere Coach nicht zu Handlungen bereit ist.
Diese vier Systeme können neurobiologisch mit Hirnscans nachgewiesen werden.

 

Die vier Persönlichkeitssysteme und ihr Zusammenwirken

Was für Möglichkeiten gibt es damit im Coaching?

Da PSI ein wunderbares Funktionsmodell für das menschliche Verhalten liefert, kann darin mögliches Entwicklungspotenzial erkannt werden. Für das Coaching sind im Wesentlichen die zwei Interventionsachsen relevant (siehe Abbildung oben). Die beiden Pfeile kennzeichnen die Richtung der Interventionen.
Mithilfe der ersten Modulationsannahme (Pfeil 1) können im Coaching Denker und Trigger für die Motivation und Handlungsauslösung moduliert werden, mit der zweiten Modulationsannahme (Pfeil 2) können negative Erfahrungen bearbeitet und damit die Belastungen verarbeitet werden, indem sie vom inneren Coach akzeptiert werden.

 

2. Die sieben Funktionsebenen der Persönlichkeit

Persönlichkeitstheorien haben eine lange Geschichte. Im Laufe der Zeit wurden immer neue Erkenntnisse gewonnen. Diese einzelnen Erkenntnisse blieben für sich stehen, denn nach Zusammenhängen oder einer Verbindung dieser Theorien wurde lange Zeit nicht gesucht. Dies änderte sich, als Julius Kuhl damit begann, diese Theorien zu untersuchen, um herauszufinden, welche gültig sind. Dabei fand er heraus, dass alle namhaften Forscher vergangener Zeiten recht hatten und diese Erkenntnisse verschiedenen Ebenen zugeordnet werden können. Daraus entstand dann das Modell der Funktionsebenen der Persönlichkeit.

Als nächster Schritt wurden dann die vier Persönlichkeitssysteme mit den Funktionsebenen verbunden. Damit entstand das Modell dieser komplexen und vernetzten PSI-Metatheorie.


Danach wurden die Persönlichkeitssysteme mit den Funktionsebenen verbunden. In diesem integrierten Modell bilden das Intensionsgedächtnis (Handlungen) und das Extensionsgedächtnis (Selbst) die höchste Ebene und die intuitive Verhaltenssteuerung und die Objekterkennung die unterste.

 

Übersicht über die Funktionsebenen der Persönlichkeit

1) Gewohnheiten

2) Temperament (Erregung/Aktivierung)

3) Affekte (Belohnungs- und Bestrafungssystem)

3) Affekte (Belohnungs- und Bestrafungssystem)

4) Stressbewältigung (Regression versus Progression)

5) Motive (bewusste und unbewusste)

6) Höhere Kognition (Denken, Fühlen, Ziele)

7) Selbststeuerung/Selbstbestimmung (Ebene des Coachings)

 

Erklärungen der einzelnen Ebenen

1) Gewohnheiten

Vieles im Leben erledigen wir als Gewohnheiten. Bezogen auf die intuitive Verhaltenssteuerung, sind sich für Geschenke bedanken und sich die Zähne putzen Beispiele; bezogen auf die Objekterkennung sind Fehler reklamieren oder sich über Fahrfehler anderer ärgern Beispiele. Gewohnheiten können auch als automatisch ablaufende Programme verstanden werden, sogenannte Erstreaktionen. Darunter fallen oft auch ungewollte Reaktionen.

 

2) Temperament (Erregung/Aktivierung)

Diese Ebene ist der Biologie des Menschen zuzuordnen. Sie wird teilweise biologisch bestimmt und teilweise in der frühen Entwicklungsphase geprägt. Phänomene des Temperaments zeigen sich durch unspezifische, nicht zuordenbare, diffuse Emotionen wie zum Beispiel ein Kribbeln irgendwo im Körper. Menschen mit einem hohen Erregungsniveau kommen schnell in die Gänge. Die negative Ausprägung wäre dann eine Überaktivierung. Menschen mit zu schwacher Aktivierung sind eher träge und brauchen etwas Zeit, um aktiv zu werden.

 

3) Affekte (Belohnungs- und Bestrafungssystem)

Affekte sind Objekten zuordenbare Gefühle. Solche Objekte können andere Menschen oder auch Schulaufgaben usw. sein. Es gibt positive wie negative Affekte.

 

4) Stressbewältigung (Regression versus Progression)

Diese Ebene verbindet die höheren mit den tieferen Ebenen. Sie bildet die Schnittstelle zwischen den tieferen Ebenen (1 bis 3) und den höheren (5 bis 7). Sind Menschen ausgeglichen und ohne grossen Stress, kann die Selbstregulation in den höheren Ebenen gut erfolgen. In Stresssituationen hingegen wird diese Selbstregulation blockiert (durch den Hippocampus), aktiv bleiben dann vor allem die tieferen Ebenen. Dabei kann es zu ungewollten Impulshandlungen oder anderem unerwünschtem Verhalten kommen, wobei die höheren Ebenen, wo Denken und Fühlen angesiedelt sind, mehr oder weniger unterdrückt werden.

 

5) Motive (bewusste und unbewusste)

Weshalb tun Sie etwas? Genau, weil Sie ein Bedürfnis befriedigen möchten. Mit EOS werden die vier Basismotive Beziehung, Leistung, Macht und freie Selbstbestimmung gemessen. Motive werden auch als Kraftquellen bezeichnet. Mit EOS können nicht nur die bewussten Motive, sondern auch die echten unbewussten Motive gemessen werden. Dies ist insbesondere von sehr grosser Bedeutung, da gerade in den Motivdifferenzen enormes Potenzial verborgen ist. Sind unbewusste Motive höher als Sie diese wahrnehmen, nutzen Sie Ihr Potenzial nicht voll aus. Sind hingegen Ihre bewussten Motive höher als das, was Sie unbewusst möchten, besteht die Gefahr des Ausbrennens.

 

6) Höhere Kognition (Denken, Fühlen, Ziele)

Sich konkrete Ziele zu setzen und diese auch umzusetzen, sind Teile des Intensionsgedächtnisses. Der unbewusste Teil auf dieser Ebene bildet das Extensionsgedächtnis (mit dem Selbst als Teil davon). In ihm schlummert ein riesiges Netzwerk von Wissen und Handlungsmöglichkeiten. Das grosse Potenzial im Coaching besteht darin, Unbewusstes bewusst zu machen und daraus konkrete Handlungsmöglichkeiten abzuleiten.

 

7) Selbststeuerung/Selbstbestimmung (Ebene des Coachings)

Selbststeuerung und Selbstregulation bilden die höchste Systemebene. Auf dieser Ebene finden die Coachings beziehungsweise Beratungsprozesse statt.

 

Wesentliche Differenzierungsmerkmale zu herkömmlichen psychologischen Diagnoseverfahren:

  • EOS und PSI haben noch immer einen enormen Vorsprung in der Forschung (Kuhl)
  • Messen von bewussten und unbewussten Kraftquellen (Motiven)
  • Unterscheidung von Erst- und Zweitreaktionen
  • Differenzierung von 13 Komponenten in der Selbststeuerung (Zweitreaktionen)
  • Erfassen von bewusster und unbewusster Emotionen
  • Persönlichkeitsstile im STAR-Modell (Sternförmige Darstellung der Persönlichkeitsstile).
  • Komplexitätsverwaltung durch Angelpunkte (alles auf einem Blatt, Navigation durch Coach)

[1] PSI-Theorie

Prof. Julius Kuhl hat die Metatheorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen entwickelt (PSI-Theorie). Er hatte während vielen Jahren den Lehrstuhl für Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung an der Universität Osnabrück inne. 2012 hat er den Preis für sein wissenschaftliches Lebenswerk von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie verliehen bekommen.